Gedanken zur Entscheidung Campertrailer

Warum ein Campertrailer?

Nachdem die Entscheidung gefaellt war, dass ich mehrere Monate durch Europa reisen will, war der naechste Schritt sich zu ueberlegen, welches Fortbewegungsmittel ich dafuer nutzen will.

Von vorn herein war klar, ich moechte mit einem Fahrzeug unterwegs sein. Ich moechte nicht trampen, nicht fliegen, nicht Fahrrad fahren und keine Zugreise machen. Ich moechte ein motorisiertes Fahrzeug bewegen.

Und ich moechte nicht auf dem Boden zelten. Ich moechte nicht jeden Abend einen ebenen Platz suchen, ohne Steine und ohne Pfuetze. Ich brauche keinen Luxus, aber es soll auch noch Urlaub sein, kein Martyrium.

Es gab fuer mich also nur die Wahl zwischen Wohnmobil und Wohnwagen … dachte ich.

Aber welche Kriterien sind fuer mich wichtig? Nun, kurz darueber nachgedacht …

  • ich will es langfristig nutzen
  • es muss bezahlbar sein
  • es soll flexibel und wendig sein

Kaufen oder mieten?

Mieten hat Vorteile. Man muss sich nicht um die Fahrzeugtechnik kuemmern. Kein TUeV, keine Gaspruefung, kein Rost. Man muss es nicht ueberwintern lassen. Man hat immer ein halbwegs aktuelles Modell.Wohnmobil

Aber wenn ich es langfristig nutzen will, macht mieten dann ueberhaupt Sinn? Ein Wohnmobil zu mieten kostet ca 100 Euro pro Tag. Das ist viel Geld. Fuer meine neuzig Tage Auszeit sind das 9.000 Euro Miete. Selbst wenn man es durch die lange Mietdauer auf 8.000 Euro druecken koennte, sind das 8.000 Euro, die danach einfach weg sind. Soviel Geld hab ich nicht, schon gar nicht fuer Miete.

Einen Wohnwagen zu mieten waere deutlich billiger, vermutlich im Bereich von 50 Euro pro Tag. Nur leider haben die Versicherer in den letzten Jahren die Praemien und Konditionen derart angezogen, dass die meisten Anbieter zur Saison 2016 aus der Wohnwagenvermietung ausgestiegen sind oder die Preise erhoehen mussten. 4.500 Euro Wohnwagenmiete sind zwar nicht ganz so obszoen wie 9.000 Euro Wohnmobilmiete, sind aber dennoch jenseits dessen, was ich an Miete zu zahlen bereit bin.

Also, was dann? Wohnmobil kaufen?

Tja, naja, an ein neues Wohnmobil ist eigentlich nicht zu denken. Ich moechte mich auch nicht ueber viele Jahre finanziell binden, es muss noch Geld zum Reisen uebrig bleiben.

Gebrauchte Wohnmobile haben zum Teil wahnwitzige Kilometerzahlen auf dem Tacho und kosten trotzdem einen fuenfstelligen Betrag. Das geht nur mit einem grossen Kredit. Ok. Wenn man es ueber viele Jahre hinweg benutzen will, kann das ja vielleicht trotzdem sinnvoll sein.

Aber wie flexibel bin ich dann? Das Wohnmobil steht in der reisefreien Zeit ungenutzt herum. Ich habe fuer die taegliche Nutzung einen Firmenwagen, da brauche ich kein Wohnmobil im Alltag, selbst wenn es „nur“ ein VW Bus waere.

Mit einem Wohnmobil zu reisen ist bestimmt toll. Man kann anhalten, sich etwas zu essen machen, weiterfahren. Man kann auch mal unauffaellig am Strassenrand uebernachten. Aber man ist auch immer in dem grossen Fahrzeug unterwegs. Um damit mal eben einkaufen zu fahren, muss man das Wohnmobil fahrbereit machen, Sonnensegel abbauen, Schraenke verschliessen, vielleicht sogar den Campingplatz bezahlen, zu dem man nach dem Einkauf zurueckkehren will. So richtig praktisch ist das nicht.

Bei mir schlaegt vor allem das Argument Firmenwagen zu. Ich habe schon einen Wagen, den ich nutzen kann. Ich will mir nicht noch ein Fahrzeug anschaffen, das ich nur wenige Wochen oder Monate im Jahr nutze.

Dann also Wohnwagen kaufen?

Und wie ist das mit einem Wohnwagen? Er kostet deutlich weniger in der Anschaffung und vor allem im Unterhalt. Klingt doch toll. Auserdem habe ich einen PKW mit Anhaengerkupplung, den ich als Zugfahrzeug nutzen kann.

Es folgten lange Internetsitzungen nach dem idealen Wohnwagen. Ich habe Caravanmessen besucht, Wohnwagen Haendler abgeklappert, mich ueber Schwachstellen bei gebrauchten Wohnwagen informiert. Ich habe Preise und Ausstattungen verglichen. Lange, sehr lange habe ich hin und her ueberlegt.

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Bis ich mich gefragt habe, wie ich eigentlich unterwegs sein will. Ein Wohnwagen am Haken ist schon ein grosser Koffer. Das floesst mir eine Menge Respekt ein. Moechte ich mit so einem Riesending ueber finnische Schotterpisten fahren? Will ich damit ueber kleine Alpenpaesse und durch italienische Bergdoerfer fahren? Und wieviel Luxus will ich eigentlich haben? Brauche ich eine fahrbare Wohnzimmer-Kueche-Bad-Doppelbett-Sitzecke mit Dreiflammenkocher und Satellitenfernsehen?

Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, bei meinen Reisen auf abgelegenen Wegen unterwegs zu sein, also keinesfalls ueber die Autobahn von Campingplatz zu Campingplatz zu fahren und dort zu bleiben.

Das Ziel ist es, unterwegs zu sein.

Das Ziel ist nicht der naechste Stellplatz, das naechste Base Camp und von dort aus sternfoermig die Gegend zu erkunden. Man kann das so machen, es ist halt eine andere Art des Reisens. Ich moechte aber nicht, dass die Ausmasse des Fahrzeugs darueber entscheiden, wie ich reise.

Also irgendwie ist ein Wohnwagen doch nicht die richtige Entscheidung. Ich habe nichts gegen Wohnwagen als solches. Ich finde sie nicht spiessig. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich mir mal einen kaufe und vielleicht Dauercamper oder Saisoncamper werde. Aber noch nicht.

Und was dann?

Nach den vielen Suchanfragen zum Thema Wohnwagen, Wohnmobil, Camping, Outdoor hat mir Youtube auch bisweilen Beitraege ueber australische Campinganhaenger vorgeschlagen. Camping ist in Australien und Suedafrika ein ganz grosses Thema. Sehr haeufig geht dies einher mit grossen Gelaendewagen und Offroadanhaengern. Das treibt bisweilen Blueten bis hin zum Bruder X, jenseits aller Vernunft.

Was mich viel mehr faszinierte, waren die kompakteren Campertrailer, wie der UEV-440 oder der Patriot X1. Der UEV-440 wurde in einem Youtube Film als Swiss Army Knife des Campings vorgestellt. Der Patriot X1 hat ueber Jahre hinweg den australischen Titel Camper Trailer of the Year bekommen. Auch Drifta baut tolle Anhaenger mit sehr schoenen Kuechen. Beeindruckende Technik, tolle Ideen und grosse Reifen mit viel Profil. 🙂 Und natuerlich auch beeindruckende Preise.

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So geil es aussieht, wenn die Leute mit einem solchen Gespann durch das australische Outback pfluegen… ich will nicht von einem solchen Gefaehrt traeumen, ich will tatsaechlich unterwegs sein. Kann man derlei in Europa kaufen? Wie hoch sind die Kosten? Und will ich einen Offroadanhaenger, nur weil er mir gefaellt oder habe ich auch vor, die Moeglichkeiten zu nutzen?

Also 20.000 Euro bis 50.000 Euro Kaufpreis plus Shipping sind kein Schnapper. Das uebersteigt meine Bereitschaft etwas zu kaufen, nur weil ich es huebsch finde. Ich habe hier in Europa kaum die Moeglichkeit wirklich offroad unterwegs zu sein. Keinesfalls bin ich gezwungen, offroad unterwegs zu sein. Das mag in Australien und Afrika anders sein. Obendrein habe ich weder die noetige Erfahrung noch das passende Fahrzeug dafuer. Ich habe einen SUV mit Allradantrieb. Fuer die Strecken, die ich mit dem Wagen fahren kann und fahren will, reicht auch ein Strassenanhaenger. Der kommt ueberall da hin, wo der Wagen mit seiner Strassenbereifung auch hinkommt.

Butter bei die Fische

Gut, also Schluss mit Traeumen. Was gibt es denn Vergleichbares auf dem deutschen Markt? Es gibt Zeltanhaenger. Die kommen den australischen Campertrailern recht nahe. Vor allem drei Marken sind in Deutschland praesent : 3dog, Campwerk und Trigano. Die Preise starten bei 9.000 Euro und enden mit allen Extras bei knapp 20.000 Euro. Der Einstiegspreis ist also absolut finanzierbar.

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So ein Campertrailer ist wendig und leicht genug, um damit auch Alpenpaesse fahren zu koennen. Er ist ebenfalls klein und leicht genug, um finnische Schotterpisten zu ueberleben und vielleicht ein paar Meter Gelaende, wobei wir hier von sehr leichtem Gelaende reden, eher im Bereich „nasse Wiese“. 🙂

So einen Campertrailer kann ich in einer normalen Garage unterstellen. Das vereinfacht die spaetere “Nachsorge” und das Ueberwintern. Ausserdem ist man in einem Zeltanhaenger naeher an der Natur als in einem Wohnwagen. Ich habe einige muffige Wohnwagen besichtigt, in denen ich eher Depressionen als Urlaubsgefuehle und Naehe zur Natur gespuert habe.

Ist es das nun endlich?

Die Vorteile sind klar: finanzierbar, wendig, praktisch. Was sind die Nachteile? Im Vergleich zu einem Wohnwagen ist man sehr viel ungeschuetzter. Wenn es regnet, hat man das kleine Vorzelt, in dem man immerhin noch sitzen kann. Bei Wind und Kaelte wird das nicht uebermaessig gemuetlich sein. Aber da gibt es zwei Moeglichkeiten. Einerseits kann man sich eine kleine Heizung anschaffen, andererseits kann man einfach woanders hinfahren.

Wie ist das nun mit dem Aufbau? Man sieht viele Videos, in denen beeindruckend demonstriert wird, wie schnell und einfach man das Zelt ausklappen kann. Das ist toll. Allerdings ist das auch nur ein Teil der Wahrheit. Der Vorgang des Ausklappens ist dabei noch am wenigsten zeitaufwaendig. Reisenomade Rapha hat die Zeit gestoppt, die er braucht, um wieder fahrbereit zu werden. Das bewegte sich im Bereich von 20 min. Ich habe mir dabei die Frage gestellt, ob ich das jeden Abend und jeden Morgen machen moechte. Irgendwie hab ich dabei mit dem Kopf geschuettelt. 🙂

Auch das Zusammenklappen des Zeltes nach einer Regennacht, stimmt mich nachdenklich. Zwei junge Oesterreicher, die mit einem Defender und einem Dachzelt durch Europa fahren, hatten mit Schimmel zu kaempfen. Und das war nur ein Dachzelt, mit deutlich weniger nassem Stoff, durch das Fehlen des „Vorzeltes“.

Also was denn nun?

Ich haette gern eine Variante, die ich deutlich schneller auf- und abbauen kann. Ich haette gern ein festes Dach, dass bei Regen nicht komplett durchfeuchtet. Ich moechte in Skandinavien auch mal ohne Campingplatz auskommen. Das bedeutet, ich moechte gern unauffaellig stehen und ich moechte in Rekordzeit fahrbereit sein. Im Zweifelsfall moechte ich angekuppelt stehen und direkt losfahren koennen, ohne etwas abbauen zu muessen. Ich nehme dabei in Kauf, dass ich keine ueberdachte Sitzmoeglichkeit haben werde.WeekendMateHardroof-1
Nach Monaten der Entscheidungsfindung habe ich mich nun zu Folgendem entschlossen: ich kaufe einen Aluminiumanhaenger mit Deckel und baue auf den Anhaenger ein Hartschaltendachzelt. Konkret wird das ein Koch U4 und ein James Baroud Evasion Pro.

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Der Koch U4 ist ein ungebremster Anhaenger mit einem zulaessigen Gesamtgewicht von 750 kg. Da das Hartschalendachzelt deutlich weniger wiegt, als der Zeltaufbau eines 3dog oder Campwerk, werde ich trotz der geringeren Zuladung keine Gewichtsprobleme mit dem Anhaenger bekommen. Obendrein habe ich auch noch den PKW, um Dinge zu transportieren.
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Ein weiterer Vorteil sind die Kosten. Die Zeltanhaenger von 3dog, Campwerk und Trigano sind mit jeweils 9.000+ Euro um einiges teurer, als die von mir angestrebte Kombination mit ca 2.000 Euro fuer den Anhaenger und 2.400 fuer das James Baroud Evasion Pro.
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Natuerlich muss der Anhaenger vor Antritt der Reise noch etwas gepimpt werden. Vielleicht moechte ich eine Stromversorgung und eine Kuehlbox einbauen. Das wird sich in den Camping-faehigen Monaten bis August entscheiden.

Auf jeden Fall brauche ich einen Platz zum Sitzen. Entweder unter einem Sonnensegel oder bei schlechtem Wetter in einem kleinen Kuechenzelt. Wenn man die Preisdifferenz zwischen meinem Setup und einem Zeltanhaenger wie 3dog als Massstab nimmt, darf diese Sitzgelegenheit auch gern ein paar Taler kosten. In drei Jahren wird der Firmenwagen abgeschafft, dann gibt es vielleicht noch andere Moeglichkeiten.

DachzeltHaenger

Vor allem bin ich mit der Kombination flexibel. Falls ich mir doch noch ueberlege, einen VW Bus anzuschaffen, koennte ich das Dachzelt vom Anhaenger herunter nehmen, auf den Bus schrauben und den Anhaenger als normalen Lastenanhaenger verkaufen.

Ja, ich bin mir sicher, dass dies die beste Wahl fuer mich ist.

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